Erreichen wir mit Klimaschutzprojekten das 1,5-Grad Ziel?

Erreichen wir mit Klimaschutzprojekten das 1,5-Grad Ziel?

15. November 2018

Am 8. Oktober hat der Weltklimarat IPCC einen Sonderbericht veröffentlicht und die Folgen einer globalen Erwärmung um 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau aufgezeigt. 91 Autoren haben dafür 6.000 einzelne Studien ausgewertet. Die Ergebnisse sind ermutigend und alarmierend zugleich: denn einerseits ist es theoretisch noch möglich, die Erhitzung der Erdatmosphäre zu begrenzen. Andererseits ist es dafür erforderlich, sofort zu handeln und noch wesentlich drastischere Maßnahmen zu ergreifen, als die politischen Ziele bisher vorgesehen haben.

Wir müssen also alle viel mehr tun. Bis 2050 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen auf null gesenkt werden. Dafür ist es notwendig, die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, Industrie, Landwirtschaft und auch Privathaushalte dürfen viel weniger Energie verbrauchen und auch der Verkehr kann effizienter werden. Und wir müssen Möglichkeiten finden, noch mehr CO2 zu binden. 
 
Im Dezember trifft sich die Staatengemeinschaft im polnischen Kattowitz, um die nächsten Schritte im Sinne des Pariser Klimavertrags festzulegen. Es wird auch darum gehen, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und bisheriger politischer Wirklichkeit ist. Selbst das Zwei-Grad-Ziel wird mit den bisherigen Beschlüssen der Regierungen bei weitem verfehlt, die Staaten müssen also neue Pläne vorlegen. 

Welche Möglichkeiten hat die Weltgemeinschaft, das Klima noch zu retten?

Lösungsvorschläge zum CO2-Entzug

Die grundsätzlichen Wirkmechanismen im Klimaschutz sind lange bekannt und oft durch den Dreiklang „Vermeiden, Reduzieren, Ausgleichen“ beschrieben. Soll der Ausstoß von CO2-Emissionen – beispielsweise in der Produktion – vermieden oder reduziert werden, erfordert dies fast immer eine Technologieumstellung in der Wertschöpfungskette. Diese ist in vielen Fällen kurzfristig gar nicht möglich, weil die dafür erforderlichen Technologien noch nicht zur Verfügung stehen oder deren Nutzung noch nicht wirtschaftlich ist. Auch für CO2-intensive Langstreckenflüge gibt es aktuell noch keine Alternative. Vermeiden oder Reduzieren wäre dann nur durch Verzicht möglich.

Eine Alternative bietet die Möglichkeit, bereits ausgestoßenes CO2 aus der Atmosphäre wieder zu entfernen – also geeignete Technologien zu entwickeln, die CO2 binden und speichern können. Eine Idee ist es, im großen Stil spezielle Pflanzen anzubauen, die große Mengen CO2 aufnehmen. Die so gewonnene Biomasse wird verbrannt und daraus Strom erzeugt, dabei wird das freiwerdende CO2 aufgefangen und unterirdisch gelagert. 

Ein solches Vorgehen ist allerdings technisch aufwändig und entsprechend teuer, und für den Anbau der Biomasse wären große Flächen Land notwendig, das dann nicht mehr für den Anbau von Nahrungsmitteln verfügbar ist. Zudem erwecken solche Technologien immer den Eindruck, dass versucht wird, die Natur mit immer mehr Technologie zu beherrschen. Diese Ansätze sind daher umstritten und werden auch in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Auf der anderen Seite bietet aber die Natur selbst auch gute Lösungsvorschläge, CO2 zu binden und zu speichern.


Die Natur schützen – direkt oder indirekt

Wälder, insbesondere der Regenwald, sind die wichtigsten CO2-Speicher auf der Erde. Je älter der Wald, desto mehr Kohlendioxid bindet er. Dennoch wird überall auf der Welt täglich Wald abgeholzt, oft industriell, in vielen Ländern auch einfach illegal. Jedes Jahr verschwinden 130 Millionen Hektar Wald. Diese zu schützen und zu bewahren wäre der erste logische Schritt, um den CO2-Anstieg aufzuhalten. Das ist aus rein technischer Sicht viel einfacher als komplexe Methoden der CO2-Rückholung. Die Hürden für Waldschutz sind so gesehen „nur“ wirtschaftliche, politische und soziale Herausforderungen. Aber gerade diese zu überwinden, ist extrem schwierig, in Wirklichkeit vielleicht sogar schwieriger, als neue Technologien für die CO2-Bindung zu entwickeln.  In Deutschland können wir das gerade am Hambacher Forst beobachten, wo die Widersprüche und Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und Wirtschaftspolitik selbst in einem hochindustrialisierten Land wie Deutschland auf drastische Weise sichtbar werden. 

Sinnvolle und wirksame Programme für den Waldschutz sind daher essentiell für die Erreichung unserer Ziele. Gerade im Bereich der zertifizierten Klimaschutzprojekte gibt es weltweit Programme, die direkt dazu beitragen, unsere natürlichen Ressourcen von vorherein schützen und bewahren. So etwa gibt es in Papua-Neuguinea ein Areal von 600.000 Hektar Primärregenwald, das von der Regierung zur industriellen Abholzung freigegeben wurde. Die indigene Bevölkerung hat sich dem Beschluss widersetzt und es geschafft, das Gebiet zu schützen und es als Lebensraum zu erhalten. So bewahrt das Projekt zudem die enorme Artenvielfalt vor Ort – und spart 400.000 Tonnen CO2 pro Jahr.

Ebenso sinnvoll kann es sein, direkt bei den Ursachen des Problems anzusetzen und die Frage stellen: Warum werden – konkret bezogen auf eine bestimmte Region – Wälder und natürliche Ressourcen ausgebeutet? Die Antwort ist oftmals so einfach wie ernüchternd: Weil die Menschen vor Ort keine Alternative haben und für ihr Überleben darauf angewiesen sind. Auch hier bieten Klimaschutzprojekte Lösungen durch Technologietransfer. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist illegal produzierte Holzkohle aus den umliegenden Wäldern für die meisten Menschen die einzige verfügbare Energiequelle. Zugang zu Strom haben hier nur 3 Prozent der Bevölkerung. Ein kleines Laufwasserkraftwerk hat hier unglaublich viel bewirkt: zum ersten Mal haben Menschen Zugang zu Strom. Es ist bereits eine lokale wirtschaftliche Entwicklung in Gang gekommen, mit kleinen Unternehmensgründungen und Manufakturen. Die Effekte sind enorm, denn plötzlich gibt es Arbeit. Wer Arbeit hat, hat auch Perspektiven und ist weniger bereit, sich den Milizen im Bürgerkrieg anzuschließen. Das ist in dieser Region besonders wichtig, denn Frieden ist vielleicht das wichtigste, was sie braucht. Weniger Holzkohle bedeutet auch, dass mehr Wald verschont und wiederum Lebensraum bedrohter Tierarten bestehen bleibt. Denn hier gibt es noch Berggorillas und andere bedrohte Tiere, die nun Chancen haben, zu überleben. Da die Energie aus Wasserkraft emissionsfrei ist, spart das Projekt CO2-Emissionen, die ansonsten die Energie aus Holz bzw. Kohle verursacht hätte. Deshalb konnte es als Klimaschutzprojekt zertifiziert werden und wird so über den Klimaschutz finanziert. 


Klimaschutzprojekte sind also immer Projekte, die nachweislich CO2-Emissionen einsparen, wo sie ohne das Projekt auf jeden Fall entstanden wären. Dieser Mechanismus ist es, der uns in vielen Teilen der Welt heute zur Verfügung steht und der genau der „missing link“ sein kann, um unsere Klimaziele tatsächlich zu erreichen. Ermöglicht wird er letztlich durch Unternehmen, die ihre eigene Verantwortung wahrnehmen und die CO2-Emissionen ihrer Produkte ausgleichen – natürlich kombiniert mit eigenen Einsparungs- und Reduktionsmaßnahmen vor Ort. Und durch Konsumenten, die in ihrem Konsumverhalten gezielt nach klimaneutralen Produkten und Dienstleistungen greifen. 


Unternehmen können sich als Multiplikatoren engagieren

Wenn Unternehmen sich engagieren und die CO2-Emissionen ihrer Produkte über Klimaschutzprojekte ausgleichen, hat das auch noch einen weiteren Effekt: sie erzielen eine größere Reichweite über ihre Kunden. Das gilt im B2B- wie auch im B2C-Bereich. Denn auf diese Weise können sich auch die Verbraucher für den Klimaschutz einsetzen und klimaneutrale Produkte auswählen. Immer mehr Handelsketten haben sie im Sortiment, zum Beispiel klimaneutrale Naturkosmetik von i+m in Drogeriemärkten und Bio-Fachmärkten, klimaneutrale Wanderschuhe bei LIDL, klimaneutrale Bastelkalender bei dm – und noch viele Beispiele mehr


Klimaschutzprojekte nach persönlichen Vorlieben

Was für Unternehmen immer wichtiger wird, ist die Möglichkeit, einen Bezug zwischen der eigenen Wertschöpfungskette und dem gewählten Klimaschutzprojekt zu schaffen. Nehmen wir noch einmal das Beispiel i+m Naturkosmetik. Das Unternehmen hat einen direkten Bezug zu Sambia, wo sie 2014 ein Frauenhaus gegründet haben und seitdem weiterentwickeln und finanziell unterstützen. Gerne wollten sie dort auch ein Klimaschutzprojekt für ihre Klimaneutralität unterstützen: das ClimatePartner-Projekt für Waldschutz im Südosten des Landes. Damit der Wald erhalten bleibt, hat das Projekt für rund 8.300 Menschen vor Ort alternative Möglichkeiten für ein Einkommen geschaffen. Sie hatten sonst keine Möglichkeit, als von der illegalen Abholzung des Walds zu leben. 

Alle Klimaschutzprojekte bei ClimatePartner haben solche Effekte neben dem Klimaschutz: Sie verhelfen der Bevölkerung in den ärmsten Teilen der Welt zu besseren Lebensbedingungen. Sei es durch Arbeitsplätze und Bildung, Verbesserung der Infrastruktur, Gesundheitsversorgung, Trinkwasser, saubere Atemluft – oder vieles andere. Wie bei i+m suchen wir für unsere Kunden nach Projekten, die zur individuellen Situation des Unternehmens passen. Deshalb haben wir viele Projekte sorgfältig ausgewählt und ein breites Portfolio zusammengestellt. Wir bieten darin Projekte in Südamerika, Asien, Afrika und alle gängigen Klimaschutztechnologien, von Waldschutz und erneuerbaren Energien bis zu Kochöfen und Trinkwasser. 


Alle profitieren

Klimaschutzprojekte sind also notwendig, um den Klimawandel zu begrenzen. Aber Unternehmen profitieren auch direkt von ihrem Engagement. Denn Verbraucher bevorzugen nachhaltige Unternehmen, wie eine Studie von PwC (2015) gezeigt hat: 8 von 10 Deutschen finden umweltfreundliches Verhalten von Unternehmen wichtig, damit sie deren Produkte kaufen. Für zwei Drittel der Deutschen dürfen klimafreundliche Produkte auch mehr kosten.