Tragedy of the Commons? Zum Stand der globalen Klimapolitik

Tragedy of the Commons? Zum Stand der globalen Klimapolitik

31. Januar 2019

Manchmal lassen sich komplexe Weltprobleme in der Wissenschaft sehr einfach erklären. Ein Beispiel dafür ist das Konzept der Tragedy of the Commons aus den Wirtschaftswissenschaften. Es bezieht sich auf gemeinschaftlich genutzte Ressourcen – zum Beispiel den weltweiten Fischbestand – und beschreibt eine Situation, in der sich individuelle und gemeinschaftliche Interessen widersprechen. Das unweigerliche Ergebnis ist die Übernutzung der Ressource – also etwa die Überfischung der Meere – obgleich dies der Gemeinschaft langfristig schadet. 

Auch auf das Problem der globalen Erwärmung lässt sich dieses Konzept anwenden – und gerade die letzte Klimakonferenz in Kattowitz hatte in der Tat Grundzüge einer Tragödie. Sie zeigte noch einmal deutlich auf, wie stark sich die Interessen und das Handeln einzelner Staaten vom wissenschaftlichen Konsens zum Klimaschutz unterscheiden. Während am Rande der Veranstaltung Demonstrationen der polnischen Kohle-Lobby stattfanden und sich die Delegierten darum stritten, ob man den letzten Sonderbericht des Weltklimarates begrüßen oder lediglich zur Kenntnis nehmen sollte, war es für viele die Rede der 15-jährigen Klimaaktivistin Greta Thunberg, für die der Klimagipfel in Erinnerung bleiben wird. 

Dennoch kam es im letzten Moment zu einer Einigung und der Verabschiedung eines „Klima-Pakets“, das kein Meilenstein im Klimaschutz ist, aber doch ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg zur Ausgestaltung des Pariser Abkommens.

Was hat der Gipfel nun gebracht, und wo stehen wir in unseren weltweiten Klimaschutzbemühungen – 40 Jahre nachdem das Problem auf der Weltklimakonferenz in Genf erstmalig als ernsthafte Bedrohung für die Menschheit bezeichnet wurde?

Im Wesentlichen geht es im Klima-Paket darum, den Interpretationsspielraum des Pariser Abkommens einzugrenzen und konkrete Definitionen und Vorgaben zu einzelnen Bestandteilen des Pariser Klimaabkommens zu machen. Da geht es beispielsweise um die Frage, welche Maßnahmen sich Staaten auf ihre nationalen Reduktionsbemühungen anrechnen können, nach welchem Verfahren festgestellt wird, ob sich die Weltgemeinschaft bei der Erreichung der Klimaziele auf Kurs befindet oder wie häufig und in welchem Umfang die Staaten über ihre Klimaschutzmaßnahmen berichten müssen. Insgesamt helfen diese Regelungen, die Verbindlichkeit und Praxistauglichkeit des Pariser Abkommens zu erhöhen. 

Dennoch blieben in Kattowitz auch einige Fragen offen. Keine Einigung konnte in der Frage des Aufbaus eines globalen Emissionshandelssystems erzielt werden, obgleich dies als einer der zentralen Mechanismen für die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens gilt. Hier wurde eine Entscheidung auf 2019 vertagt. Auch beim Thema Klimafinanzierung – insbesondere die Frage, wie Industrieländer Entwicklungsländern dabei helfen, ihre Klimaziele zu erreichen – blieben viele wichtige Fragen unbeantwortet. 

Sicherlich kann die Klimakonferenz in Kattowitz vor diesem Hintergrund nicht als Durchbruch bezeichnet werden. Dennoch geht von Kattowitz ein Signal von unschätzbarem Wert aus: Der Klimaprozess geht trotz der schwierigen weltpolitischen Lage weiter – wenn auch in kleinen Schritten. Die Weltgemeinschaft versucht also weiter, die Tragedy of the Commons zu überwinden – durch internationale Institutionen, Prozesse und Strukturen und die Anpassung von Anreizsystemen. 

Für die Erkenntnis, dass dies grundsätzlich möglich ist, hat die amerikanische Wissenschaftlerin Elinor Ostrom vor zehn Jahren den Wirtschaftsnobelpreis verliehen bekommen. Nun gilt es zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis in die Praxis umsetzt und die offenen Fragen und Schwachstellen des Pariser Abkommens schnell geklärt und ausgebessert werden. Allerdings ist Warten allein keine Option – denn aktuell steuert die Welt noch immer auf eine globale Erwärmung von drei Grad oder mehr zu. Daher ist freiwilliger Klimaschutz – wie er von mehr als 1.000 ClimatePartner Kunden täglich praktiziert wird – heute wichtiger denn je. 

Eine Analyse von Dr. Christian Reisinger
 

Foto: Sebastian Copeland | sebastiancopeland.com