Richtlinien für umweltbezogene Aussagen (Green Claims) und was sie für Ihr Unternehmen bedeuten
6. September 2023Wer durch die Gänge im Supermarkt schlendert, dem begegnen alle möglichen Umweltaussagen: Bei ungenauen Begriffen wie "nachhaltig", "grün" und "umweltfreundlich“ können Verbraucher:innen jedoch oftmals nur schwer nachvollziehen, wohinter konkrete Klimaschutzmaßnahmen stehen und an welcher Stelle lediglich Kaufentscheidungen mit grün gefärbten Verpackungen beeinflusst werden sollen.
In der EU sind derzeit mehr als 230 Nachhaltigkeitslabels im Einsatz, für deren Vergabe unterschiedliche Kriterien gelten und die sich demnach stark in ihrer Aussagekraft und Transparenz voneinander unterscheiden . Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass 53 Prozent der umweltbezogenen Angaben auf Produkten und Dienstleistungen vage oder irreführend sind oder nicht fundierte Informationen enthalten. 40 Prozent dieser Angaben sind nicht belegt. All das führt zu einem geringen Vertrauen von Verbraucher:innen in Umweltaussagen. Leider wirkt sich das auch negativ auf die Unternehmen aus, die messbare Klimaschutzmaßnahmen ergreifen.
Aus diesem Grund haben Regierungen und Umweltorganisationen auf der ganzen Welt Richtlinien für die Kommunikation von Klimaschutzmaßnahmen herausgegeben, die oft als "green claims", also umweltbezogene Aussagen, bezeichnet werden.
Weltweite Richtlinien für umweltbezogene Aussagen
Es gibt einen Vorschlag zu einer europaweiten Gesetzgebung zu umweltbezogenen Aussagen. Diesen „Vorschlag für eine Richtlinie über die Begründung und Kommunikation umweltbezogener Aussagen" hat die Europäische Kommission im März 2023 offiziell angenommen. Sobald die Richtlinie gesetzlich in Kraft tritt, wird sie Mindestanforderungen für Organisationen, die freiwillige, umweltbezogene Angaben machen, in Übereinstimmung mit dem EU Green Deal festlegen.
Inzwischen haben einzelne Märkte in Europa bereits ihre eigenen Richtlinien herausgebracht. So wurden in den Niederlanden "Richtlinien für Nachhaltigkeitsaussagen" im Juni 2023 aktualisiert, um mehr Praxisbeispiele für die Kommunikation zu liefern. Im Mai desselben Jahres wurde in Frankreich eine neue Fassung des "Praktischen Leitfadens für umweltbezogene Aussagen" veröffentlicht: Das französische Recht verbietet ausdrücklich die Verwendung bestimmter unklarer Begriffe, wie z. B. "umweltfreundlich" und schränkt die Verwendung von Claims wie "klimaneutral", die sich auf Emissionen beziehen, stark ein. Solche Aussagen können Unternehmen nur zusammen mit einem detaillierten Bericht über die Emissionen und einem Nachweis ihrer Vermeidungs- und Reduktionsmaßnahmen veröffentlichen.
Außerhalb der EU hat die britische Advertising Standards Agency (ASA) vor kurzem ihre eigenen Richtlinien zu umweltbezogenen Aussagen aktualisiert. Im Kern geht es in dieser Richtlinie nicht darum, umweltbezogene Aussagen zu verbieten, sondern darum, diese in einen verständlichen Kontext zu setzen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise mit "Netto-Null" werben möchte, muss es den Begriff auch definieren und seine Strategie zur Erreichung dieses Ziels, einschließlich eines Zeitplans, nachweisen.
In den USA geben die „Green Guides“ Orientierung. Sie enthalten eine Reihe von Richtlinien für die Verwendung umweltbezogener Marketingaussagen. Sie wurden von der Federal Trade Commission (FTC) herausgegeben, die in den USA für den nationalen Verbraucherschutz zuständig ist. Die Green Guides sind zwar nicht rechtsverbindlich, dienten aber in der Vergangenheit bereits als Rechtfertigung für einige Verstöße gegen die FTC-Vorschriften. Die Richtlinien wurden zuletzt 2012 aktualisiert. Aus diesem Grund, und weil die Erwartungen der Verbraucher:innen sich in den letzten zehn Jahren verändert haben, hat die FTC Anfang 2023 Feedback zu den Green Guides entgegengenommen. Eine Aktualisierung wird in naher Zukunft erwartet.
Was sind die Vorteile?
Mehr Klarheit und Transparenz bei Aussagen zur ökologischen Nachhaltigkeit haben klare Vorteile – sowohl für Verbraucher:innen als auch Unternehmen. Verbraucher:innen treffen mit Hilfe einer glaubwürdigen und vertrauenswürdigen Produktkennzeichnung und -werbung gut informierte Kaufentscheidungen.
Unternehmen können damit auf die sich ändernden Erwartungen von Verbraucher:innen reagieren. In unserem Climate Action Awareness Report 2022 haben wir herausgefunden, dass Verbraucher:innen verstärkt Klimaschutzmaßnahmen von Unternehmen erwarten und sogar fordern. Die Unternehmen profitieren von einer transparenten Kommunikation ihres Klimaschutzengagements, denn das erhöht ihre Glaubwürdigkeit. Eine einheitliche Regelung der Verwendung von umweltbezogenen Aussagen schafft Chancengleichheit für Unternehmen und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit derjenigen, die den Klimaschutz in ihrer Unternehmensstrategie priorisieren.
Welche Einschränkungen gibt es?
Die unterschiedlichen Richtlinien der verschiedenen Länder und Behörden sind auch in unterschiedlichem Maß rechtlich bindend. Dies kann besonders für Unternehmen, die in mehreren Märkten tätig sind, eine Herausforderung darstellen. Sie müssen sicherstellen, dass Claims, die sie in dem einen Markt verwenden können, auch der Prüfung in anderen Märkten standhalten.
Es gibt aber trotzdem Gemeinsamkeiten. Alle Richtlinien stimmen darin überein, dass jede Behauptung mit einem Nachweis untermauert werden muss und dass die weiterführenden Informationen dazu (oder der Link, der zu ihnen führt) in unmittelbarer Nähe zum Claim platziert werden sollten, z. B. auf der Verpackung oder am Point of Sale. Zu solchen Informationen zählen beispielsweise ein Ausgangswert für den Carbon Footprint, eine Erläuterung der bereits erzielten Reduktionen, künftige Reduktionsziele und -zeitpläne sowie Informationen über finanzierte Klimaschutzprojekte.
Unternehmen sollten stets sicherstellen, dass sie Verbraucher:innen nicht in die Irre führen. In einigen Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass ein Unternehmen nicht mit einzelnen positiven Auswirkungen auf das Klima werben sollte, ohne seine gesamten Umweltauswirkungen zu nennen. Dadurch werden Fehlinterpretationen vermieden. Selektive Behauptungen können Verbraucher:innen täuschen: Zum Beispiel sollten reduzierte Emissionen, die sich auf ein Produkt beziehen, nicht als Emissionsreduktion des gesamten Unternehmens dargestellt werden.
Nach einer Studie der ASA im Vereinigten Königreich verwechseln Verbraucher:innen häufig allgemein verwendete Begriffe wie "klimaneutral" und "Netto-Null" mit Behauptungen wie "null Emissionen" oder "Netto-Null-Fußabdruck". Auch wenn das frühere ClimatePartner-Label klimaneutral mit einer Erklärung der Klimaneutralität verbunden ist, fehlt eine verbindliche Definition des Begriffs. Anstatt weiterhin über richtige oder falsche Bezeichnungen zu diskutieren, wird das Label klimaneutral daher auslaufen.
Die meisten Richtlinien geben vor, dass jede Angabe, die eine positive Auswirkung auf die Umwelt impliziert, begründet werden muss. Mit Hilfe der ClimatePartner-Zertifizierung und des finanziellen Klimabeitrags machen Sie Ihre Klimaschutzmaßnahmen transparent und liefern die wichtigen Hintergrundinformationen.
Was können Unternehmen tun?
Zusammenfassend lässt sich eine einfache Faustregel aufstellen: Unternehmen sollten bei allen Behauptungen, die sie über ihre Geschäftspraktiken und Produkte aufstellen, mit gesundem Menschenverstand vorgehen. Die beste Lösung ist, bei der Kommunikation immer einen Schritt mehr zu gehen und so transparent wie möglich zu machen, was hinter den Angaben zu den Umweltwirkungen steckt.
Der gemeinsame Nenner der meisten verfügbaren Richtlinien ist: Unternehmen sollten immer damit rechnen, dass Verbraucher:innen eine Aussage missverstehen könnten. Zusätzliche Informationen sind in den Fällen erforderlich, in denen allgemeine Aussagen als absolute Aussagen ausgelegt werden könnten oder in denen mehrere Auslegungen möglich sind.
Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, ihre Klimaschutzmaßnahmen positiv und gleichzeitig sachlich zu kommunizieren. Mit den fünf Schritten im Klimaschutz und der ClimatePartner-Zertifizierung gelingt es Ihnen, Ihre Klimaschutzmaßnahmen im Einklang mit aktuellen Richtlinien zu kommunizieren.
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