Fashion und Nachhaltigkeit - ein Interview mit FOND OF

Fashion und Nachhaltigkeit - ein Interview mit FOND OF

20. Oktober 2020

FOND OF versteht sich als Plattform für Entwicklung, Potenzialentfaltung und persönliches Wachstum im Mode- und Accessories-Markt. Das in Köln ansässige Unternehmen ist 2010 mit der Mission gestartet, mit der ersten Marke ergobag den Markt für Schultaschen zu revolutionieren. Mittlerweile gehören insgesamt sieben Kids-, Lifestyle- und Business-Rucksackmarken sowie ein Fashion-Label zum Produktuniversum: Affenzahn, ergobag, satch, AEVOR, pinqponq, SALZEN & Funktion Schnitt. Alle Marken zeichnen sich durch Design, Funktionalität der Produkte und Verantwortung in der Herstellung aus.

Durch die Zusammenarbeit mit ClimatePartner sind bereits diverse Produkte der Marken ergobag, satch und pinqponq klimaneutral. Wir haben Dr. Julian Conrads, Corporate Responsibility bei FOND OF, um seine Einschätzung zu den kommenden Nachhaltigkeitstrends in der Modebranche befragt.

 

ClimatePartner: Wie hat sich das Geschäft in 2020 bislang entwickelt und gibt es eine nennenswerte Veränderung durch die Corona-Situation gegenüber dem Vorjahr?

Julian Conrads: Natürlich ist das von COVID-geprägte Jahr 2020 ein sehr forderndes Jahr für uns. In diesen ungewissen Zeiten werden wir fast täglich vor neue Herausforderungen gestellt, die es zu bewerkstelligen gilt. Beispielsweise waren zeitweise all unsere stationären Handelspartner geschlossen. Außerdem mussten wir den Austausch und die Kooperation mit unseren Lieferanten in Vietnam und China intensiveren. Glücklicherweise mussten wir aber keine Aufträge stornieren und konnten vorübergehende Umsatzrückgänge gut überstehen.

ClimatePartner: Welchen Anteil haben Produkte mit Klimaschutzbezug an der Geschäftsentwicklung?

Julian Conrads: Es zeichnet sich mittel- bis langfristig eine positive Entwicklung bzw. Erholung ab. Unser Ansatz, bei den Produkten klimaschonende, recycelte Stoffe einzusetzen, hat sich seit Langem bewährt. Die klimaneutralen Produkte von ergobag und pinqponq, die bereits im Markt sind, laufen sehr erfolgreich. Gleiches erhoffen wir uns bei den künftigen klimaneutralen Produkten, die in den neuen Kollektionen von ergobag und satch an den Start gehen werden.

ClimatePartner: Spielt dabei auch das Label „klimaneutral“ eine Rolle?

Julian Conrads: Grundsätzlich ist es uns wichtig, den Mehrwert unserer Produkte wirksam nach außen darzustellen. Das Label „klimaneutral“ hilft uns dabei, unsere Produkte als klima- und verantwortungsbewusst zu kennzeichnen und Konsumenten in ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen.

ClimatePartner: Welche mittel- bis langfristigen Nachhaltigkeitstrends sehen Sie in ihrer Branche?

Julian Conrads: Da gibt es sehr viel Bewegung! Ich sehe aus ökologischer Perspektive vor allem zwei wesentliche Punkte. Ein großer Trend in der Textilindustrie ist derzeit ganz klar der zunehmende Einsatz von neuartigen, ressourcenschonenden Materialen. Ob Rucksäcke, Funktionskleidung, T-Shirts oder Schuhe, überall werden Produkte entwickelt, die auch aus nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Materialen bestehen. Es ist faszinierend zu sehen, welche Materialien derzeit getestet werden: Leder aus Ananas, Garn aus Kaffeesatz oder Schäume aus Algen usw. Sie alle bieten die Chance, die Textilindustrie klimaschonender zu gestalten. Ein langfristiger Trend, der auch mit den eingesetzten Materialien zusammenhängt, ist die Zirkularität bzw. Kreislaufwirtschaft. Schon jetzt können wir beobachten, dass bei der Forschung an neuen Materialien die Wiederverwendbarkeit eine große Rolle spielt. Unsere Vision ist es auch, in Zukunft Produkte zu entwickeln, deren Rohstoffe nach der Nutzung wieder in den Kreislauf eingespeist werden, um beispielsweise neue Rucksäcke daraus zu machen. Allerdings bedarf es hier noch vielerlei technologischer Fortschritte.

Auf der Ebene der sozialen Nachhaltigkeit gibt es natürlich auch sehr viele Herausforderungen, beispielsweise die Zahlung existenzsichernder Löhne, die in der Regel deutlich über den länderspezifischen Mindestlöhnen liegen. Hier versuchen wir im Rahmen unserer Mitgliedschaft bei der Fair Wear Foundation immer besser zu werden. Politisch ist in diesem Zusammenhang aktuell das sogenannte Lieferkettengesetz auf der Agenda, das die Übernahme unternehmerischer Verantwortung in der Lieferkette verpflichtend machen soll. Ein weiterer allgemeiner Trend ist, die Kennzeichnung von nachhaltigen Textilien zu vereinheitlichen. Hier herrscht immer noch ein undurchsichtiger Label-Dschungel. Deshalb haben wir uns durch das staatliche Label „Grüner Knopf“ auditieren und lizensieren lassen, das nun viele unserer Produkte tragen.

ClimatePartner: FOND OF bringt auch sogenannte Most Responsible Products (MRP) auf den Markt. Was genau hat es damit auf sich?

Julian Conrads: Wir bringen mit unseren drei Brands ergobag, satch, pinqponq sogenannte Most Responsible Product (MRP) auf den Markt. Unser Ziel ist es, damit unseren ohnehin schon hohen Anspruch an ökologische und soziale Kriterien zu übertreffen. Dabei setzen wir auf noch ressourcenschonendere Materialien und Prozesse, wie z.B. Schnallen aus bio-basiertem Rizinusöl oder Schäume aus Algen. Außerdem verwenden wir neben recycelten Außenstoffen, die bereits seit Jahren zum Einsatz kommen, auch weitere recycelte Komponenten, wie z.B. Bänder und Netzgewebe. Alle MRPs sind außerdem sogenannte bluesign®-Products, die wir durch unseren Partner für nachhaltiges Chemikalienmanagement namens bluesign® Technologies haben zertifizieren lassen. Hier werden strengste Vorgaben bei den eingesetzten Chemikalien – z.B. bei Färbeprozessen – und bei der Ressourceneffizienz erfüllt. Und schließlich gleichen wir den verbleibenden CO2-Fußabdruck durch die Zusammenarbeit mit ClimatePartner aus.

ClimatePartner: Das sind sehr ambitionierte Maßnahmen. Wird FOND OF sein Portfolio künftig erweitern und kann dieses hohe Level aufrechterhalten werden?

Julian Conrads: Ja, wir bauen die Portfolios unserer Brands weiter aus. Beispielsweise haben wir mit pinqponq und AEVOR Apparel-Produkte gelauncht, die unsere bisherigen Kollektionen sinnvoll ergänzen. Bei ihnen setzen wir ausschließlich auf Biobaumwolle, die ja im Vergleich zu konventioneller Baumwolle einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck aufweist. Um hier mit diesen Produkten an unsere hohen Maßstäbe bei den Rucksäcken anzuknüpfen, haben wir uns nach dem derzeit strengsten Standard, dem Global Organic Textile Standard (GOTS), zertifizieren lassen. Produziert wird die Ware in Portugal, was zudem die Logistikwege verkürzt. 

ClimatePartner: Welche Klimaschutz-Ziele und weiteren Schritte hierfür haben Sie sich gesetzt?

Julian Conrads: Wir erstellen jährlich eine unternehmensweite CO2-Bilanz, in der wir unsere Emissionen so genau wie möglich erfassen. So wollen wir die größten Hebel finden, durch die wir unseren CO2-Fußabdruck weiter verringern können. Einiges konnten wir bereits umsetzen. Unser neues Bürogebäude THE SHIP ist von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit „Gold“ zertifiziert. Es ist ein hochmodernes, digitales und effizientes Gebäude, in dem wir ausschließlich Ökostrom beziehen. Wie schon erwähnt, haben wir begonnen, die CO2-Emissionen erster Produktkategorien klimaneutral zu stellen. Unser Ziel, auch als Unternehmen klimaneutral (Scope 1 und Scope 2) zu werden, wurde leider von der Corona-Krise durchkreuzt. Wir bleiben aber dran und hoffen, dieses Ziel in den nächsten Jahren erreichen zu können.

 

Bild: Dr. Julian Conrads, Corporate Responsibility bei FOND OF.