Climate Action Insights: Nachhaltigkeit und Klimaneutralität bei TIER Mobility

Climate Action Insights: Nachhaltigkeit und Klimaneutralität bei TIER Mobility

14. Juni 2021

Ein Interview mit Lawrence Leuschner, CEO und Co-Founder von TIER Mobility

TIER Mobility gehört zu den Pionieren im Bereich der Micro-Mobilität und hat sich selbst zum Ziel gesetzt, die Städte von Lärm, Schmutz und Smog zu befreien. Neue Verkehrsmittel sollen einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Verkehr leisten. Wir haben mit Lawrence Leuschner, CEO und Co-Founder von TIER Mobility zu den Plänen und Zielsetzungen des Unternehmens gesprochen.

 

Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Zusammenarbeit mit FREE NOW. Damit können seit April nicht nur in Deutschland, sondern auch in weiteren europäischen Ländern die e-Scooter und e-Roller von TIER Mobility auch über die FREE NOW App gebucht werden. Zwei innovative Unternehmen kommen also zusammen, um ihre Vision von nachhaltiger Mobilität noch weiter voranzubringen. Und beide sind in Zusammenarbeit mit uns klimaneutral. War der Umgang mit den CO2-Emissionen ein Kriterium, als Ihr nach Partnern gesucht hattet?

Lawrence Leuschner: Absolut. Unsere strategischen Partnerschaft mit FREE NOW unterstreicht unser gemeinsames Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Wir haben insgesamt 5.000 E-Scooter von FREE NOW übernommen, werden diese umgestalten und sie in unsere Flotte integrieren. Sowohl für FREE NOW als auch für TIER steht grüne Mobilität im Fokus. Beide Unternehmen sind nicht nur klimaneutral, sondern treiben nachhaltige Mobilitätsoptionen voran, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens so früh wie möglich zu erreichen.

Unsere Mission ist es, Mobilität zum Guten zu verändern. Nur mit starken Allianzen können wir erreichen, dass multimodale Mobilitätslösungen leichter zugänglich sind und genutzt werden. Die Zusammenarbeit mit FREE NOW und anderen relevanten Akteuren ist entscheidend für die Bereitstellung nachhaltiger, allumfassender Mobilitätslösungen.

Ihr habt zuletzt Eure Services einerseits in Städten wie Gelsenkirchen oder Mülheim, andererseits aber auch in Doha und Bern ausgedehnt, also Internationalisierung auf der einen und gleichzeitig Regionalisierung auf der anderen Seite. Was sind Eure Pläne für die weitere internationale Expansion und wo wollt ihr Euch regional in kleineren Städten weiterentwickeln?

Lawrence Leuschner: In weniger als drei Jahren haben wir unsere Mikromobilitätslösungen auf mehr als 100 Städte ausgeweitet, darunter Berlin, Paris, Dubai und auch London. Für das Jahr 2021 haben wir das klare Ziel, unsere Marktführerschaft in Europa und dem Mittleren Osten weiter auszubauen und in zusätzliche europäische Städte und Länder zu expandieren.

Mit dem Start in Polen haben wir unseren zwölften Markt erschlossen und bauen damit unsere Präsenz in Europa weiter aus, im Sommer kommen wir auch in die Slowakei und nach Ungarn. Außerdem planen wir in Irland an den Start zu gehen, sobald die irische Regierung ihre E-Scooter-Gesetzgebung verabschiedet hat.

Ebenso hat TIER auch die Marktpräsenz in Mitteleuropa und den nordischen Ländern mit Städten wie Lahti (Finnland), Borås (Schweden), Danzig (Polen), Herning (Dänemark) sowie Flensburg, Ludwigsburg, Jena und Gelsenkirchen in Deutschland erheblich erweitert.

Neben der Expansion in weitere Standorte bauen wir gleichzeitig unser multimodales Angebot aus: Mit der Inbetriebnahme von E-Bikes ist TIER der erste Europäische Mikromobilitätsanbieter, dessen Nutzerinnen und Nutzern drei verschiedene Fahrzeugtypen in einer App zur Verfügung stehen. Unsere E-Bikes sind bereits in Bærum (Norwegen), York (Großbritannien) und in St. Gallen (Schweiz) verfügbar und werden in diesem Jahr in mehreren anderen europäischen Städten eingeführt.

Das Unternehmenswachstum und die Weiterentwicklungen auf der Produktseite sind ja Aspekte, die bei einer Bilanzierung der CO2-Emissionen immer wieder neu berücksichtigt werden müssen. Welche Erwartung hast Du daran? Gibt es konkrete Zielsetzungen, die Ihr euch für eine Reduzierung gesetzt habt? Oder gibt es andere strategische Punkte für Klimaschutz, die hier gleich von vorne weg mit beim Wachstum eingerechnet werden? Welchen Mehrwert liefert Euch ClimatePartner in der Zusammenarbeit?

Lawrence Leuschner: Es ist in unserer DNA verankert, nachhaltige, zugängliche und erschwingliche Mobilität für alle zu schaffen. Deshalb haben wir uns verpflichtet, ab Januar 2020 vollständig klimaneutral zu sein. Damit waren wir das erste Mikromobilitätsunternehmen.

Wir gehen über die Reduzierung der mit dem Strom verbundenen Kohlenstoffemissionen hinaus und beziehen sowohl die Produktions- als auch die Betriebs- und Transportemissionen ein. Wir haben bei unserer Berechnung alle Treibhausgase berücksichtigt, die zum Klimawandel beitragen. Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen und fordern andere Unternehmen und Anbieter von Mikromobilität auf, sich uns anzuschließen und klimaneutral zu werden.

Außerdem haben wir uns zusammen mit zwei weiteren europäischen Anbietern zu einem höheren Niveau an Nachhaltigkeitsstandards und -praktiken in allen Bereichen der E-Scooter-Branche verpflichtet. Zusammengenommen decken die zehn ökologischen und sozialen Verpflichtungen den gesamten Lebenszyklus des E-Scooters ab: Darunter gibt es konkrete Ziele wie z.B. unsere Flotte komplett mit Grünstrom zu versorgen und bis Ende 2021 ausschließlich nur noch E-Fahrzeuge für das Servicing zu benutzen. Diese Ziele werden zu erheblichen Emissionsreduzierungen führen.

Nachhaltigkeit ist der Kern unserer Branche und der Mehrwert, den unser Service bringt. Es ist wichtig, dass wir Verantwortung für unsere Praktiken übernehmen und die höchsten Standards einhalten, damit Nutzer und Städte volles Vertrauen in den Sektor und unsere Arbeitsweise haben können.

Der Mehrwert, den uns ClimatePartner in unserer Zusammenarbeit bietet ist, dass ClimatePartner langjährige Erfahrung in der Beratung von Unternehmen zu Nachhaltigkeitsthemen hat und über ein großes Portfolio zertifizierter Projekte zur nachhaltigen Kompensation von CO2-Emissionen verfügt. In Abstimmung mit ClimatePartner und auf deren Empfehlung hin haben wir uns für eine Mischung aus zwei Projekten entschieden: Mit dem von uns unterstützten Waldschutzprojekt mit nachhaltigem Paranussanbau wird Regenwald in Tambopata in der Region Madre de Dios in Peru geschützt. Um auch unserem Team hier vor Ort eine Möglichkeit zu geben, aktiv zu werden und sich selbst zu beteiligen, unterstützen wir zudem die lokale Aufforstung in allen Bundesländern Deutschlands.

Mit neuen Mobilitätskonzepten, die zugleich klimaverträglich sind, willst Du mit TIER Mobility einen Beitrag zu einer dringend benötigten Verkehrswende leisten. Ganz getreu Eurer Vision von „Change Mobility For Good“. Dass nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch alle Fahrten der Nutzerinnen und Nutzer klimaneutral sind, ist ein wichtiger Punkt. Welche Rückmeldung bekommt Ihr dazu von den immer zahlreicher werdenden Nutzerinnen und Nutzern? Ist für sie Klimaneutralität ein Auswahlkriterium? Haben sie grundsätzlich ein hohes Klimaschutzbewusstsein?

Lawrence Leuschner: Wir bekommen sehr viel positive Rückmeldung. Engagement für Nachhaltigkeit, Klimaschutzbewusstsein und Klimaneutralität werden immer wichtiger und beeinflussen auch die Kaufentscheidungen bzw. das Nutzungsverhalten.

Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen und fordern andere Unternehmen und Anbieter von Mikromobilität auf, sich uns anzuschließen und klimaneutral zu werden. Der Klimawandel wartet nicht. Wir müssen jetzt handeln. Deshalb nehmen wir auch an verschiedenen Aktionen teil, zum Beispiel dem globalen Klimastreik oder der der Kampagne “Time for Climate Action” der Initiative Leaders For Climate Action.

Was uns besonders gut gefällt: Ihr gleicht als Unternehmen eure unvermeidbaren Emissionen nicht nur aus, sondern arbeitet auch kontinuierlich daran, diese immer weiter zu reduzieren, zum Beispiel durch Reduktion bei den Partnern in der Liefer- und Produktionskette. Wie weit konnten ihr bisher eure Lieferanten einbinden? Was steht hier denn als nächstes an? Wie weit seid Ihr beispielsweise beim Thema Batterieaufladen bzw. -wechsel gekommen und wie lang ist aktuell die durchschnittliche Lebensdauer eines Scooters? Was sind die besonderen Vorteile in der Kooperation mit Northvolt?

Lawrence Leuschner: Unsere Kooperation mit dem schwedischen Batteriehersteller Northvolt ist eine der vielen Maßnahmen, um die Nachhaltigkeit von E-Scooter-Batterien zu verbessern sowie deren Rohstoffbedarf und die damit verbundenen Emissionen zu senken. Northvolt stellt derzeit die weltweit umweltfreundlichsten Batterien her, mit denen in einem Pilotprojekt 5.000 TIER-Scooter ausgerüstet werden.

Außerdem treiben wir derzeit die Elektrifizierung unserer Flotte für den operativen Betrieb weiter voran. Die Inbetriebnahme zahlreicher Elektrotransporter der Firma ARI Motors in Wien, Helsinki und zahlreichen deutschen Städten sowie Lastenrädern der Firma ONO Bike sind weitere Meilensteinen bei der Vermeidung und Reduzierung von Emissionen.

Bald wird auch unsere Partnerschaft mit Nunam starten, einem deutsch-indischen Non-Profit-Start-up-Unternehmen, das sich für eine grüne Energieversorgung im ländlichen Indien einsetzt. Aus gebrauchten E-Scooter-Batterien werden neue Energiespeichersysteme, um deren Lebensdauer zu verlängern, die Umweltverträglichkeit zu verbessern und um lokale Organisationen in Indien mit nachhaltigen Second-Life-Batterielösungen zu unterstützen.

Das neue E-Scooter-Modell, der TIER V, hat eine Lebensdauer von 5 Jahren, wobei die Lebensdauer aufgrund der vollständig modularen, austauschbaren und reparierbaren Komponenten praktisch unbegrenzt ist.

Was antwortest Du Kritikern, die Mikromobilität als Angriff auf das Zufußgehen betrachten und die sich am Bild der abgestellten Fahrzeuge in den Innenstadtgebieten stören? Drängt sich da nicht die Gegenfrage auf, dass sich auch niemand an den parkenden Autos stört?

Lawrence Leuschner: Wir glauben, dass Mikromobilität das Potenzial hat, Städte positiv zu verändern, da Städte auf der ganzen Welt nach Wegen suchen, ihre Verkehrsnetze sicherer und umweltfreundlicher zu machen. Indem man die Menschen ermutigt, für diese kurzen Fahrten saubere Verkehrsmittel wie E-Scooter, E-Bikes oder E-Mopeds statt Autos zu benutzen, können die Stadtzentren umgestaltet werden. Der für Parkplätze reservierte Platz kann frei gemacht und Autospuren zu Radfahrstreifen umgewandelt werden, um einen sicheren und angenehmen Raum für alle Stadtbewohner zu schaffen. Staus sind ein Problem für Städte in ganz Europa. Um das Funktionieren der Städte zu verbessern, brauchen wir mehr Menschen, die nicht mit dem Auto fahren, und E-Scooter bieten zusammen mit Fahrrädern die Lösung. Gemäß der Nunatak-Studie “Neue Urbane Mobilität” ersetzen bereits jetzt 21% der Nutzer von E-Scootern Fahrten mit einem PKW. YouGov ermittelt in ihrer Studie “Mobilität der Zukunft” einen Anteil von 33%.

Saubere und nachhaltige Mikromobilität ist ein großer Hebel, um kurzfristig Emissionsziele zu erreichen und den Verkehr in Innenstädten zu entlasten. McKinsey hält im Rahmen einer Studie bis zu 250 Millionen jährliche Fahrten mit Mikromobilität in einer deutschen Großstadt bis 2030 für realistisch.

Seit kurzen bieten ihr euch TIER for Business Pakete an. Was verbirgt sich dahinter und wie könnt ihr dadurch Firmen unterstützen, ihre Emissionen zu senken?

Lawrence Leuschner: Die B2B-Plattform TIER for Business ermöglicht es Unternehmen in ganz Deutschland auf unkomplizierte Art und Weise den eigenen Mitarbeitern nachhaltige und attraktive Reisemöglichkeiten anzubieten und gleichzeitig Kosten zu senken. Damit haben Unternehmen und deren Mitarbeiter über eine speziell entwickelte B2B-Plattform einfachen Zugriff auf den TIER-Service in über 50 Städten in Deutschland. TIER for Business hilft Unternehmen, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und den innerstädtischen Autoverkehr für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft zu reduzieren.

Um TIER for Business zu nutzen, registrieren sich Unternehmen unter tier.app/de/business und richten ein Konto ein. Mitarbeiter können dann per E-mail eingeladen werden. Smart Analytics ermöglicht eine einfache Überprüfung und Verbesserung von Aktivitäten sowie die Verwaltung von Ausgaben.

Noch ein abschließender Blick in die Zukunft: Auf welche Neuigkeiten dürfen wir uns in den nächsten Monaten freuen?

Lawrence Leuschner: TIER's Ansatz der austauschbaren Batterien hat den Kohlenstoff-Fußabdruck unseres Betriebs drastisch reduziert und wir planen nun, bis Ende des Jahres 4.500 Batterieladestationen in ganz Europa zu installieren, um diese grüne Transportrevolution voranzutreiben: In Deutschland, Frankreich, Norwegen und Großbritannien führen wir derzeit schon das TIER Energy Network ein, ein innerstädtisches Netzwerk von Ladestationen, das den täglichen E-Scooter-Betrieb noch nachhaltiger gestaltet und den städtischen Verkehr revolutionieren soll. Nutzerinnen und Nutzer können künftig eigenständig Batterien an den Ladestationen, die von lokalen Partnergeschäften betrieben werden, austauschen und erhalten im Gegenzug Freiminuten. Das Resultat ist ein noch nachhaltigerer Betrieb, der einen Großteil des zusätzlichen Verkehrs, der bisher mit dem Betreiben von E-Scooter-Flotten verbunden waren, beseitigt. Das lokale Team festangestellter TIER-Mitarbeiter kümmert sich weiterhin um die regelmäßige Wartung und Instandhaltung der Fahrzeuge.

Vielen Dank für das interessante Gespräch. Und wir freuen uns natürlich, dass nach Berlin, Frankfurt, Münster und Dortmund das TIER Energy Network bald auch nach München kommen wird.