Dekarbonisierung der Lieferkette: Was bei der Erhebung von Scope-3-Daten zu beachten ist

Dekarbonisierung der Lieferkette: Was bei der Erhebung von Scope-3-Daten zu beachten ist

23. Mai 2023

von Lotte Schmidt und Maike Reichert

Die Erhebung von Scope-3-Emissionsdaten stellt Unternehmen vor Herausforderungen. Mehrere Aspekte sind entscheidend: der Datentyp, die Datenqualität, die Methodik bei der Datenerhebung und die Möglichkeit, Datenlücken zu schließen und so Transparenz zu schaffen. Damit Unternehmen in diesen Punkten eine Entscheidung treffen können, ist es wichtig, dass sie ihre Ziele für die Datenerfassung vorher definiert haben.  

 

Warum sind Scope-3-Emissionsdaten wichtig für die Berechnung der Carbon Footprints? 

Scope 3 enthält alle Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, sowohl vorgelagert (upstream) als auch nachgelagert (downstream), entstehen. Ein Unternehmen hat keine direkte Kontrolle über diese Emissionen. Vielmehr ergeben sie sich aus den Aktivitäten des Unternehmens. Im Durchschnitt liegen drei Viertel des gesamten CO2-Fußabdrucks eines Unternehmens in von Scope 3. Deshalb sind die Bilanzierung und Reduktion der Scope-3-Emissionen eine wichtige Aufgabe. Beim Erheben von Daten ihrer Zulieferer stehen Hersteller vor einer Herausforderung. In einer Studie der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) gaben 80 % der Unternehmen an, die einen TCFD-Bericht erstellen, dass die Offenlegung von Scope-3-Emissionsdaten schwierig oder ziemlich schwierig ist.  

Indem Unternehmen ihre Lieferanten bei der Datenerhebung einbinden, vereinfachen sie den Prozess zur Beschaffung hochqualitativer Daten und können die Rolle von Primärdaten in der Berechnung ihres CO2-Fußabdrucks besser evaluieren. 

 

Unterschiedliche Datentypen: Was sind Primärdaten und Sekundärdaten?  

Primärdaten sind Emissionsdaten des Lieferanten, die auf seinen Energie- und Materialflüssen basieren. Bei den Sekundärdaten handelt es sich um modellbasierte Daten, die aus Emissionsfaktoren auf Materialbasis abgeleitet werden (z.B. GEMIS, ecoinvent, usw.).  

Welcher Datentyp verwendet wird, hängt vom Ziel der Datenauswertung ab. Wenn man zum Beispiel das relative Ausmaß verschiedener Scope 3-Aktivitäten verstehen und Emissions-Hotspots identifizieren will, können Sekundärdaten oft genügen. Sie dienen auch dazu Datenlücken zu schließen, zum Beispiel durch Expertenstudien oder Referenzbeispiele aus einem anderen Unternehmen. Wenn man konkrete Ziele zur Dekarbonisierung für jeden Bereich eines Unternehmens entwickeln möchte, sind die Sekundärdaten möglicherweise nicht detailliert genug und Primärdaten werden benötigt. 

 

Was muss bei der Erhebung von Scope-3-Emissionsdaten beachtet werden? 

Der Prozess der Datenerhebung führt in der Regel zu Herausforderungen. Die Datenerhebung soll so transparent wie möglich gestaltet werden. Das bedeutet eine saubere Dokumentation und Offenlegung. Außerdem sind konsistente Daten für den Vergleich von Ausgangspunkten, Auditierungen und die weitere Berechnung von Emissionen notwendig. Dies führt allerdings zu einem hohen Aufwand in der Datenerfassung und -bewertung. Um einen ersten Überblick über die relevanten Emissions-Hotspots zu erhalten, können Sekundärdaten aus Datenbanken zunächst ausreichen oder sogar eine bevorzugte Option sein. Das gilt insbesondere, wenn die Qualität der verfügbaren Primärdaten nicht zufriedenstellend ist.  

Für eine umfassendere Bilanzierung großer Datenmengen, die über eine Hotspot-Analyse hinausgeht, wird zu Beginn des Erhebungsprozesses ein 80/20-Ansatz (Primär-/Sekundärdaten) für die ersten Jahre empfohlen.

Dies bedeutet Folgendes:  

  • Konzentration auf die wichtigsten Hotspots im Scope 3
  • Sammeln von ∼ 80 % Primärdaten.  
  • Nutzung von Datenbanken für die restlichen ∼ 20 %.  

Unternehmen erhalten so einen Überblick und einen Ausgangspunkt für die Scope 3-Bilanzierung in den darauffolgenden Jahren. Auf dieser Basis können im Laufe der Zeit die Systemgrenzen angepasst und die Datenqualität durch das Einbeziehen von Lieferanten oder das Einführen eines Datenmanagementsystems verbessert werden. 

Wenn Unternehmen ihre Emissionszahlen überprüfen, ist es wichtig, das Verhältnis von Primär- und Sekundärdaten für die Bilanzierung zu verstehen. Abhängig davon, wie fortgeschritten ein Unternehmen im Bereich Klimaschutz aufgestellt ist, kann dieses Verhältnis stark variieren. Bevor die Daten festgelegt werden und das Verhältnis von Primär- zu Sekundärdaten bestimmt wird, sollte in jedem Fall das Ziel der Bilanzierung bekannt sein.  

Die Datenqualität ist ein wichtiger Faktor bei der Bilanzierung der CO2-Emissionen 

Für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks sind die Herkunft und die Qualität der Daten entscheidend. Bevor Daten verwendet werden, sollte ihre Qualität bewertet werden. Die Kriterien dafür sind unter anderem Folgende: 

  • Aktualität der Daten (Empfehlung: < 3 Jahre)  
  • Regionalität (Empfehlung: länderspezifisch)  
  • Branchenspezifisch (Empfehlung: ja)  
  • Quelle (Empfehlung: offizielle Studie, anerkannte Datenbank oder eigene Berechnung)  

Gerade bei einer externen Auditierung ist die Qualität maßgebend. Hier ist eine gründliche Dokumentation über die angewendete Erhebungsmethodik, die gesammelten Daten sowie die eingesetzten Emissionsfaktoren wichtig. Die Daten sollten immer so transparent, plausibel und realistisch wie möglich sein, insbesondere bei Sekundärdaten. 

 

Welche Auswirkungen hat eine verbesserte Datenqualität? 

Im Allgemeinen sollten Unternehmen bei der Auswahl der Daten sowohl die Aspekte der Aktualität, Geografie und Technologie berücksichtigen als auch sicherstellen, dass sie die repräsentativsten, zuverlässigsten und vollständigsten Daten verwenden.

Unternehmen können sich für einen hybriden oder lieferantenspezifischen Ansatz entscheiden. Werden sowohl Primärdaten als auch Sekundärdaten genutzt, spricht man von einem hybriden Ansatz. Die meisten Unternehmen beginnen damit, Verbrauchsdaten für die eingekauften Materialmengen mit einem aus einer Datenbank abgeleiteten Emissionsfaktor zu multiplizieren. Ein lieferantenspezifischer Ansatz würde nach wie vor die primären Verbrauchsdaten für die eingekauften Materialmengen umfassen. Anstelle eines Datenbankwertes wird nun aber der vom Lieferanten bereitgestellte Emissionsfaktor für die Ermittlung der Emissionen verwendet.  

Wenn das Datenmanagement eines Unternehmens von einem hybriden Ansatz zu einem lieferantenspezifischen Ansatz übergeht, das heißt nur noch Primärdaten verwendet, ist es wichtig, spezifischere Daten über die Prozesse, das Unternehmen und/oder die Materialien des Lieferanten zu erhalten. Mit diesen Informationen können Daten verschiedener Lieferanten besser eingeschätzt und miteinander verglichen werden. Zusätzlich kann ein Unternehmen die eigenen Systemgrenzen, von denen der Lieferanten klar abgrenzen. Eine verbesserte Transparenz, die durch genauere Daten erreicht wird, wirkt sich auf die eigenen Reduktionsstrategien aus. Genauere Primärdaten ermöglichen genauere Reduktionsmaßnahmen und das Ableiten einer Roadmap zur Dekarbonisierung.  

Hochwertige Daten können die Emissionszahlen in der Lieferkette verändern  

Qualitativ hochwertigere Daten können die Realität besser widerspiegeln, was entweder zu einem Anstieg oder einem Rückgang der Emissionen führen kann. Ein Beispiel: Ein Rohstofflieferant hat zum Zeitpunkt der Berechnung keine Daten über die Energiequelle für seine Produktion. Daher wird der nationale Durchschnitt verwendet. Anschließend wird die Energiequelle als 100 % Ökostrom identifiziert. Die Primärdaten führen in diesem Fall zu einer Verringerung der Emissionen, da der tatsächliche Energieträger für die Produktion – der Einsatz von Ökostrom – weniger Emissionen verursacht als ursprünglich angenommen.  

Alternativ kann eine höhere Datenqualität auch zu einem Anstieg der Emissionszahlen führen. Ein Beispiel: Ein Lieferant geht bei seinen Transportemissionen von einem Kraftstoffmix für mittelschwere Lkw aus. Später stellt sich jedoch heraus, dass der Großteil der Transporte mit schweren Diesel-Lkw durchgeführt wird. Bei der Neuberechnung der Emissionen anhand der Primärdaten erhöht sich die Summe der Emissionen. Solche Erhöhungen können bei der Ableitung von Reduktionsmaßnahmen überraschend sein, sind aber wichtig zu identifizieren.  

Wenn Emissionen in der Lieferkette verwendet werden und die Datenqualität durch einen höheren Anteil an Primärdaten verbessert wird, kann es daher zu Schwankungen kommen. Aus diesem Grund ist es notwendig, mehr über Echtzeit-Emissionstreiber zu erfahren und die richtigen Hotspots anzugehen. Transparenz über Emissionsdaten ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.  

Auf einen Blick: Die Vor- und Nachteile von Primär- gegenüber Sekundärdaten

Vor- und Nachteile von Primär- gegenüber Sekundärdaten

 

Die Datenreise beginnen und die Qualität kontinuierlich verbessern  

Das Ziel der Datenerhebung besteht darin, aktuelle Primärdaten für alle Teile eines Produkts oder einer Dienstleistung zu erhalten, um den CO2-Fußabdruck eines Unternehmens genauer berechnen zu können. Bis dahin ist es ein langer Weg, bei dem jeder kleine Schritt in Richtung Transparenz zählt. Welche Herangehensweise an die Datenerhebung am besten geeignet ist, ist eine fallspezifische Frage: sie hängt von den Prozessen, Strukturen und Beziehungen der Unternehmen zu ihren Lieferanten ab. Es ist keine leichte Aufgabe, Transparenz in der Lieferkette zu schaffen. Oft wird externe Hilfe benötigt.   

 

Die Softwarelösung von ClimatePartner für die Dekarbonisierung der Lieferkette  

Mit der ClimatePartner Network Platform unterstützen wir Unternehmen dabei die Dekarbonisierung ihrer Lieferkette voranzutreiben. Diese datengesteuerte Software ermöglicht es Herstellern Primärdaten ihrer Lieferanten zu sammeln und auszuwerten. Im Gegenzug erhalten Lieferanten Zugang zu Trainings und Schulungen. Dies erleichtert nicht nur die Reduktion von Emissionen , sondern erhöht die Transparenz über die Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Außerdem ermöglicht es unter anderem größeren Einzelhändlern und Herstellern, die Validierung ihrer Ziele für das Lieferantenengagement durch die Science Based Targets initiative (SBTi) zu erreichen und ein Vorreiter im Klimaschutz zu werden. 

Möchten Sie mehr über die Möglichkeiten der Datenerhebung von Scope 3-Emissionen für Ihre Wertschöpfungskette erfahren? Dann kontaktieren Sie uns noch heute.

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