Grüne Energie als Treiber der unternehmerischen Klimaschutzstrategie

Grüne Energie als Treiber der unternehmerischen Klimaschutzstrategie

9. Juli 2021

Ein Climate Action Insights von Samantha Bigwood-Ölz, Team Lead Green Energy, und Nina Piel, Green Energy Communications, ClimatePartner

Fast alle wirtschaftlichen Aktivitäten haben eines gemeinsam: Sie benötigen Energie. Daher überrascht es nicht, dass im Jahr 2020 ca. 73 % der weltweiten Treibhausgasemissionen (THG) bzw. 31.500 Mio. Tonnen CO2 auf Aktivitäten zurückzuführen sind, die Energie verbrauchen. Fossile Brennstoffe wie Kohle und Erdgas sind hierfür immer noch weltweit die Hauptquellen, auch wenn der Anteil erneuerbarer Energien rapide steigt. Um die globale Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, muss das globale Energiesystem transformiert werden. Grüne Energie ist ein entscheidender Faktor auf dem Weg zu Net Zero.

Doch was genau ist grüne Energie? Und wie können Sie als Unternehmen Strom aus erneuerbaren Energien beziehen?

Warum grüne Energie ein wichtiges Instrument unternehmerischen Klimastrategie ist

Grüne Energie bezeichnet Strom, der aus emissionsfreien natürlichen Quellen wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft gewonnen wird. Diese werden auch als erneuerbare Energiequellen bezeichnet, weil sie sich im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen auf natürliche Weise regenerieren. Biomasse und Erdwärme zählen ebenfalls zu den erneuerbaren Energien, müssen jedoch während der Erzeugung sorgfältig überwacht werden, da Biomasse bei der Verbrennung Emissionen ausstößt – wenn auch deutlich weniger als fossile Brennstoffe. Die größten Produzenten von erneuerbarer Energie sind China, die USA, Brasilien, Indien und Deutschland.

Doch wie können Unternehmen durch die Nutzung von grüner Energie ihre CO2-Bilanz verbessern? Dazu müssen wir uns zunächst einmal ansehen, welche Arten von Emissionen es gibt. Das Greenhouse Gas Protocol unterscheidet zwischen drei Kategorien von THG-Emissionen: Scope 1 umfasst alle direkten, in den eigenen Betriebsanlagen erzeugten Emissionen. Unter Scope 2 fallen alle indirekten Emissionen aus bezogener Energie, und Scope 3 bezieht sich auf die indirekten Treibhausgasemissionen, die z. B. bei gekauften Produkten und Dienstleistungen anfallen. Diese Unterteilung ist vor allem dann wichtig, wenn sich ein Unternehmen zum Ziel gesetzt hat, klimaneutral zu werden und dabei die drei notwendigen Schritte gehen muss: Zunächst den CO2-Fußabdruck auf Basis der drei Scope-Kategorien ermitteln, anschließend Emissionen so weit wie möglich senken und schließlich alle unvermeidbaren Emissionen durch hochwertige, zertifizierte Klimaschutzprojekte ausgleichen.

Durch den Umstieg auf emissionsfreie grüne Energie lassen sich Scope-2-Emissionen vermeiden und verkleinern so den CO2-Fußabdruck noch vor der Kompensation erheblich. Deshalb ist grüne Energie ein so wichtiges Instrument unternehmerischer Klimastrategien.

Doch damit nicht genug: Durch den Bezug von grüner Energie unterstützen Unternehmen auch die weltweite Energiewende. So wie der internationale Sportartikelhersteller PUMA: Mit Unterstützung von ClimatePartner hat PUMA seine weltweiten Betriebe in Europa, den USA, Kanada, Lateinamerika, Asien und Australien im Jahr 2020 auf 100 % erneuerbaren Strom umgestellt – und damit seine marktbasierten Scope-2-Emissionen auf null reduziert.

Energy Attribute Certificate – was ist das?

Alle Bezugsoptionen für grüne Energie basieren auf Ökostrom-Herkunftsnachweisen, auch Energy Attribute Certificates oder kurz „EACs“ genannt. Da der gesamte erzeugte Strom – ob fossil oder erneuerbar – in ein und dasselbe Stromnetz eingespeist wird, ist es schlichtweg unmöglich, Ökostrom vom Erzeuger bis zum Abnehmer lückenlos zu verfolgen. Aus der Steckdose fließt immer der durchschnittliche Energiemix.

Wenn ein Unternehmen nun grüne Energie beziehen möchte, erfolgt das über EACs: Diese Zertifikate werden in ein spezielles Register eingetragen, um die Eigenschaften einer Megawattstunde (MWh) Strom vom Erzeuger zum Verbraucher nachzuweisen. Herkunftszertifikate fungieren also als eine Art ID-Ausweis für Strom – es gibt sie auch für Atomstrom und Strom aus fossilen Quellen.

EACs für Strom aus erneuerbaren Quellen dienen als Nachweis der speziellen Eigenschaften jeder erzeugten MWh Ökostrom, z. B.:

  • Datum und Zeitpunkt der Erzeugung
  • Standort der Anlage
  • Stromerzeugungstechnologie (z. B. Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse, Erdwärme)
  • Alter der Anlage

Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es bei EACs nicht um die Zuordnung der physischen Stromflüsse geht, sondern um die Zuordnung ihrer Eigenschaften. Das physische Produkt und seine ökologischen Merkmale stellen zwei gesonderte Märkte dar. Da es nicht möglich ist, den Anteil an erneuerbarer Energie aus dem allgemeinen Strommix „herauszufiltern“, basieren alle Optionen für die Beschaffung von Ökostrom auf EACs.

Um den Verbrauch von Ökostrom glaubwürdig nachzuweisen, muss der Jahresstromverbrauch eines Unternehmens mit der entsprechenden Anzahl an EACs gedeckt werden. Anschließend werden die auf das Unternehmen zugeordneten EACs entwertet. Dies stellt sicher, dass jeder Herkunftsnachweis nur einmal verwendet wird.

Wer zuhause bereits Ökostrom bezieht, hat wahrscheinlich noch nie von einem solchen Grünstrom-Zertifikat gehört. Denn bei einem Ökostromtarif laufen sowohl der eigentliche Strom als auch die entsprechenden EACs über den Stromversorger. Der Anbieter entwertet die Nachweise und versorgt seine Kunden mit Strom aus dem durchschnittlichen Energiemix, ohne dass diese die Zertifikate jemals zu Gesicht bekommen. Das ist aber nur eine Möglichkeit, Ökostrom zu beziehen. Mit weiteren Optionen beschäftigen wir uns weiter unten.

Unterstützt wird dieser Nachweis-Ansatz von der internationalen „Science Based Targets Initiative“ (SBTI), die es Unternehmen ermöglicht, sich auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Ziele zur Reduktion ihrer Emissionen zu setzen. Andere internationale Nachhaltigkeitsstandards zur Senkung von Treibhausgasemissionen – z. B. das Carbon Disclosure Project (CDP) oder die RE100-Initiative, der sich mehr als 300 Unternehmen angeschlossen haben – befürworten ebenfalls die Verwendung von EACs.

Sind EACs eine Form von Greenwashing?

Häufig herrscht Unsicherheit darüber, ob EACs nicht eine Form von Greenwashing sein könnten. Manche befürchten sogar, dass dieses System nicht mehr ist als eine Art von modernem „Ablasshandel“, da der Strom aus der Steckdose immer noch der durchschnittliche Strommix ist. Sofern Unternehmen ihren Strom jedoch nicht selbst produzieren oder direkt an eine Anlage zur Ökostromerzeugung angeschlossen sind, haben sie keinen Einfluss darauf, welche Art von Strom sie erhalten. Deshalb sind EACs so entscheidend: Nur Unternehmen, die diese Grünstrom-Zertifikate erwerben und entwerten lassen, können den Bezug und Verbrauch von erneuerbarer Energie glaubhaft nachweisen.

So finden Unternehmen eine geeignete Bezugsquelle von Ökostrom

Alle Optionen zur Beschaffung von grüner Energie basieren auf EACs. Je nach Verfügbarkeit, Kosten, Komplexität und den Präferenzen im Unternehmen stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl.

Generell müssen EACs den Prinzipien der räumlichen und zeitlichen Übereinstimmung folgen. Das bedeutet, dass die Nachweise dort gekauft und entwertet werden müssen, wo die Energie genutzt wird. Je nach Land und Region gibt es verschiedene Zertifikate: In Europa spricht man von Herkunftsnachweisen (Guarantees of Origin, GO), in den USA gibt es die Renewable Energy Certificates (RECs) und in über 40 weiteren Ländern werden die International Renewable Energy Certificates (I-RECs) genutzt.

Unabhängig von ihrem Ursprung können EACs entweder gebündelt mit entsprechenden Stromlieferverträgen oder ungebündelt als frei transferierbare Grünstrom-Zertifikate gehandelt werden. Im Folgenden befassen wir uns näher mit den einzelnen Optionen:

Option 1: Ungebündelte EACs

Wenn Unternehmen sich für die ungebündelte Option entscheiden, beziehen sie ihren Strom von Anbieter A und erhalten die EACs von Anbieter B. Ungebündelte EACs bieten den Vorteil, dass sie schnell, flexibel und kostengünstig sind. Unternehmen, die ihre bestehenden Stromlieferverträge fortführen müssen, können zusätzlich EACs erwerben, um sicherzustellen, dass ihr Strom aus erneuerbaren Quellen stammt und ihre CO2-Bilanz verbessert. Mit ungebündelten EACs können Unternehmen innerhalb von einem Tag auf Grünstrom umstellen, wenn sie ihren Energieverbrauch kennen. Diese Option ist auch weniger riskant, weil sie keine Vorlaufkosten haben. Mit einem Anteil von 42 Prozent sind ungebündelte EACs die Option, die von Unternehmen der RE100-Initiative am häufigsten genutzt wird.

Option 2: Ökostromtarife

Ökostromtarife zählen zu den gebündelten Optionen, denn mit einem solchen Stromliefervertrag erhalten Unternehmen sowohl den Strom als auch die entsprechenden EACs aus der Hand eines Anbieters. Genau darin besteht auch der Vorteil eines Ökostromtarifs, weil er die administrativen Anforderungen erleichtert. Ökostromtarife oder bestimmte Stromqualitäten sind jedoch nicht in allen Ländern verfügbar.

Option 3: Power Purchase Agreements

Bei einem Power Purchase Agreement (PPA) handelt es sich um einen langfristigen Stromliefervertrag, den Unternehmen mit dem Entwickler eines erneuerbaren Energieprojekts abschließen. Dadurch profitieren sie von festen Strompreisen und den aus dem Projekt erzeugten EACs. Der Projekteigner wiederum profitiert von vorhersagbaren Einnahmen. Mit einem PPA können Unternehmen unmittelbar zur Entwicklung eines erneuerbaren Energieprojekts beitragen. Die Komplexität und das finanzielle Risiko sind jedoch höher als bei ungebündelten EACs oder Ökostromtarifen.

Option 4: Eigenerzeugung

Diese Option eignet sich, wenn Unternehmen auf ihrem Firmengelände und an allen Standorten ausreichend Platz für den Bau eigener Anlagen zur Erzeugung von Ökostrom haben. So produzieren sie selbst sowohl den Strom als auch die entsprechenden Zertifikate für ihren eigenen Verbrauch oder zum Verkauf. Hieraus ergeben sich jedoch ähnliche Nachteile wie beim PPA: Die Komplexität des Projekts und das finanzielle Risiko sind höher als bei den ersten beiden Optionen.  

Unsere Empfehlung:

Auch wenn Power Purchase Agreements und die Selbsterzeugung zu den fortschrittlichsten Optionen für die Beschaffung von Ökostrom gehören, haben sie ihre Nachteile. Für viele Unternehmen sind sie schlichtweg nicht umsetzbar. Ungebündelte EACs eignen sich für den Einstieg und als flexible Zwischenlösung für Unternehmen, deren Möglichkeiten begrenzt sind und die nicht auf andere Optionen zurückgreifen können, weil sie beispielsweise Standorte in mehreren Ländern unterhalten. Mit solchen EACs haben sie volle Transparenz und verschiedene Optionen in Bezug auf Herkunft, Technologie, Anlagenalter und zusätzliche Gütesiegel, womit wir beim nächsten Punkt wären:

Mit Gütesiegeln das Engagement im Klimaschutz steigern

Wie wir bereits gesehen haben, belegt jeder entwerteter EAC den Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien. Ein Herkunftsnachweis ist jedoch nicht zwangsläufig auch ein Beweis für Qualität oder die Förderung der Energiewende. Wenn Unternehmen sichergehen möchten, dass ihre entwerteten EACs auch zum Ausbau erneuerbarer Energien beitragen, sollten sie auf folgende drei Faktoren achten:

Alter der Anlage: Mit dem Kauf von Grünstrom-Zertifikaten jüngerer Anlagen ist sichergestellt, dass die Energiewende stetig vorangetrieben wird.

Technologie: EACs von Strom aus besonders emissionsarmen und umweltfreundlichen Technologien der Stromversorgung, z. B. Windkraft, Photovoltaik und kleinen Wasserkraftwerken sollten bevorzugt werden.

Gütesiegel: Ökostrom-Siegel wie ok-power in Deutschland, Green-e in den USA und Kanada oder das internationale Siegel EKOenergy fördern die umweltfreundliche Stromerzeugung durch Einhaltung strenger Nachhaltigkeitskriterien. Diese Gütesiegel investieren zusätzlich in neue Anlagen und verwalten Umwelt- und Klimafonds zur Renaturierung von Ökosystemen. Für jede verkaufte MWh von EKOenergy-zertifiziertem Strom fließt beispielsweise ein fester Anteil am Siegelpreis in den Klimafonds von EKOenergy, der Energiemangel in Entwicklungsländern bekämpft und zur Erreichung der UN Sustainablie Development Goals (SDGs) beiträgt.

Das Zusammenspiel von EACs und Klimaschutzprojekten

Häufig werden wir gefragt, ob EACs für grüne Energie dasselbe sind wie Klimaschutzprojekte für die CO2-Kompensation. Beide Instrumente sind entscheidend, um Unternehmen zur Klimaneutralität zu verhelfen. Dennoch gibt es einige wichtige Unterschiede:

Der Verbrauch von Ökostrom und die entsprechenden Herkunftsnachweise können als Senkung der Scope-2-Emissionen angerechnet werden. Im Gegensatz dazu müssen Emissionen der Scopes 1, 2 und 3, die durch Klimaschutzprojekte kompensiert werden, gesondert bilanziert werden. Während Unternehmen also mit EACs ihren CO2-Fußabdruck verkleinern können, gleichen sie mit CO2-Kompensation ihre nicht vermeidbaren Emissionen aus.

Der Weg zur Klimaneutralität verläuft wie oben bereits erwähnt in drei Stufen: Unternehmen ermitteln zuerst den CO2-Fußabdruck auf Basis von Scope 1-, 2- und 3- Emissionen, reduzieren anschließend so viele Emissionen wie möglich und gleichen dann alle unvermeidbaren Emissionen durch hochwertige, zertifizierte Klimaschutzprojekte aus. In diesem Prozess spielen EACs eine wichtige Rolle in der zweiten Phase (Reduktion), während es in der dritten Phase ausschließlich um Kompensation anhand von Klimaschutzprojekten geht. Gemäß dem Motto „erst reduzieren, dann ausgleichen“.

Fazit:

  • Der Umstieg auf grüne Energie ist ein entscheidender Hebel für schnellen und kosteneffektiven Klimaschutz
  • Der gesamte erzeugte Strom wird in ein gemeinsames Stromnetz eingespeist – deshalb brauchen wir Grünstrom-Zertifikate, um den Bezug erneuerbarer Energie nachweisen zu können. Herkunftsnachweise (EACs) sind die Basis aller Optionen für die Beschaffung von Ökostrom
  • Der Kauf von EACs mit Gütesiegel fördert die Energiewende, bietet Zugang zu einer sauberen, erschwinglichen und zuverlässigen Stromversorgung in Entwicklungsländern und unterstützt die Wiederherstellung von Ökosystemen.

Der Einsatz für den Klimaschutz ist bei ClimatePartner Teil der DNA. Deshalb unterstützen wir Unternehmen bei der Erreichung ihrer Klimaschutzziele, indem wir ihnen neben dem Ausgleich von CO2-Emissionen Lösungen aufzeigen, mit denen sie eine ganzheitliche Strategie zur Beschaffung von Ökostrom entwickeln und ihren CO2-Fußabdruck verkleinern können. Zu diesem Zweck bieten wir unseren Kunden und Kundinnen den Erwerb und die Entwertung von EACs aller nationalen und internationalen Zertifizierungssysteme für alle erneuerbaren Energietechnologien an und unterstützen sie zugleich bei der Bilanzierung und transparenten Kommunikation. 

Sie haben Interesse? Dann senden Sie uns eine E-Mail an greenenergy@climatepartner.com.